Veranstaltung: | Bundesdelegiertenkonferenz-Vorbereitung BAG Frieden und Internationales |
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Antragsteller*in: | Anne Rennschmid (BAG Frieden und Internationales) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 13.09.2019, 15:04 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A9NEU3: Neuformulierung des Sicherheitsbegriffs: Förderung gerechter Gesellschaften
Antragstext
Neuformulierung des Sicherheitsbegriffes: Gerechte Gesellschaften sind sicherere
Gesellschaften
Es braucht einen neuen 'Sicherheitsbegriff' für die Friedensmacht Europa, der
sich nicht über nationale oder europäische Rüstung definiert, sondern über
'gerechte' Gesellschaften.
Ausgrenzung und abwertende Ideologien sind Sicherheitsrisken für Gesellschaften.
Sie können sowohl die Sicherheit von Individuen gefährden, als auch für das
Entstehen von breiteren Konflikten und Gewalt verantwortlich sein.
Sicherheit in zunehmend diversen, pluralistischen Gesellschaften kann es nur
dort geben, wo die Menschen sich mitgenommen fühlen, wo sie an die Gesellschaft
und ihre Institutionen glauben und im besten Fall teilnehmen. Dafür braucht es
eine als sozialer Prozess verstandene Demokratiebildung, durch die Menschen
befähigt werden, ihre Gesellschaften gemeinsam zu gestalten, widersprüchliche
Meinungen zu respektieren, Konflikte friedlich auszuhandeln und Vorurteile
abzubauen. Dazu gehört auch, den Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft
und insbesondere strukturell benachteiligte Gruppen weltweit zu fördern. Nur so
haben Menschen die Möglichkeit, ihre Interessen friedlich in gesellschaftlich-
politische Prozesse einzubringen. Es geht auch um die Vermittlung und
strukturelle Umsetzung von Gleichwertigkeit: Die rechtliche und soziale
Anerkennung der/des Einzelnen als gleichwertiger Teil der Gemeinschaft ist
wichtige Voraussetzung von sicheren Gesellschaften weltweit. Denn nur, wer sich
als Teil der Gemeinschaft tatsächlich angenommen fühlt, kann und wird an ihr
teilhaben, und sich durch ihre Institutionen repräsentiert fühlen. Der Mensch
ist in den Mittelpunkt zu stellen. Es geht um die Frage Wie wollen wir in
unseren zunehmend diversen Gesellschaften leben? Wenn sich hier Teile der
Bevölkerung ausgeschlossen fühlen oder alltäglich Diskriminierungen, Abwertungen
und/oder Rassismus erfahren, dann wenden sie sich ab, und dann gibt es ein
Sicherheitsproblem: Hass und abwertende Ideologien, die mit der Auffassung
einhergehen, der Wert eines Menschen richte sich nach dessen gruppenbezogenen
Merkmalen wie etwa Hautfarbe, Religion, sexueller Identität, Herkunft oder dem
(Nicht)Vorhandensein einer Behinderung, können begünstigt werden, und zu
gewalttätigem Extremismus und/oder ethnisch-kulturelle Konflikten führen. Denn
Erfahrungen mangelnder gesellschaftlicher Anerkennung können ihrerseits
feindselige Einstellungen hervorrufen, die in Folge zu einer Abwertung anderer
Gruppen und einer gleichzeitigen Aufwertung der eigenen Gruppe führen können.
Abwertungen bilden immer auch Legitimationen für Diskriminierungen und Gewalt –
aus politischen, religiösen oder subkulturellen Gründen. Der
Mehrheitsgesellschaft kommt daher immer die wichtige Aufgabe zu, Muster von
Diskriminierungen aus der Mitte der Gesellschaft heraus besonders kritisch zu
beleuchten und diese zu kritisieren.
Wir sehen es daher als notwendig an, Normen der Gleichwertigkeit aller Menschen
weltweit zu verteidigen. Dort, wo sie nicht gelten, müssen sie erstritten
werden. Dazu müssen bedrohliche Prozesse, die innerhalb einer Gesellschaft
ablaufen, erkannt und minimiert werden. Ihnen kann am effektivsten begegnet
werden durch Anerkennung und Gewährleitung der universal geltenden
Menschenrechte (auf internationaler Ebene 1948 erstmals beschlossen durch die
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte) mit ihrem umfassenden
Diskriminierungsschutz, der sich aus der gleichen Würde eines jeden Menschen
begründet.
Soziale Ungleichheiten sind ein Sicherheitsrisiko für Gesellschaften.
Soziale Ungleichheit hält weltweit Menschen in Armut gefangen. Ob Konflikte
entstehen oder der gesellschaftliche Zusammenhalt stabil bleibt, hängt
entscheidend davon ab, inwieweit die Menschen das Gefüge sozialer Ungleichheit
als ungerecht ansehen bzw. dazu auch in der Lage sind. Ungerechtigkeitserfahrung
ist eine Antriebskraft für Veränderung. Mangelnde Anerkennung auf gleiche
Lebenschancen in einer Gesellschaft kann Gewalt zur Folge haben. Ursachen für
gewalttätige Konflikte sind oft jahrelange soziale Spaltungen und
Ausgrenzungspolitiken, die den gleichen Zugang zu Land und andere
wirtschaftliche Ressourcen, zu Bildung und Macht für verschiedene
Bevölkerungsgruppen verhinderten. Wir wollen daher eine Krisenbearbeitung, die
sich auch mit den Verletzungen wirtschaftlicher, sozialer und kultureller
Menschenrechte auseinandersetzt.
Dazu gehört es, Machtungleichgewichte und strukturelle Diskriminierungen klar zu
benennen, und auf gesellschaftliche Veränderungen hinzuwirken, die eine
tatsächlich gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ermöglichen.
Wir fordern:
Eine Sicherheits- und Außenpolitik, die strukturelle Ungleichheiten,
Ausgrenzungen und Diskriminierungen innerhalb von Gesellschaften als Kern von
Unsicherheit weltweit anerkennt, diese klar benennt und dagegen vorgeht.
Abrüstung und stattdessen Förderung ziviler Konfliktlösung durch Förderung der
Zivilgesellschaft weltweit. Die Anerkennung von Zivilgesellschaft als wichtiger
sicherheitspolitischer Akteur.
Auch bei Beteiligung militärischer Einsätze im Rahmen internationaler
Friedensmissionen ist die Förderung von Menschenrechten und gesellschaftlichem
Zusammenhalt nicht gesondert zu behandeln, sondern als Kern auch der
militärischen Konfliktlösung. Wir fordern eine bessere Transparenz und
Rechenschaftspflicht militärischer Friedensmissionen, die Förderung des
humanitären Völkerrechts und der internationalen Strafgerichtsbarkeit.
Änderungsanträge
- A9-003 (Charlotte Steinmetz (LAG Berlin, GJ Ersatzdelegierte), Eingereicht)
- A9-007 (Charlotte Steinmetz (LAG Berlin, GJ Ersatzdelegierte), Eingereicht)
- A9-009 (Charlotte Steinmetz (LAG Berlin, GJ Ersatzdelegierte), Eingereicht)
- A9-010 (Paula Moser (Dresden KV), Zurückgezogen)
- A9-023 (Charlotte Steinmetz (LAG Berlin, GJ Ersatzdelegierte), Eingereicht)
- A9-044 (Paula Moser (Dresden KV), Zurückgezogen)
- A9-060 (Paula Moser (Dresden KV), Zurückgezogen)
- A9NEU3-005 (Charlotte Steinmetz (Berlin-Kreisfrei KV), Eingereicht)
- A9NEU3-011 (Paula Moser (Dresden KV), Eingereicht)
- A9NEU3-025 (Charlotte Steinmetz (Berlin-Kreisfrei KV), Eingereicht)
- A9NEU3-049 (Paula Moser (Dresden KV), Eingereicht)
- A9NEU3-065 (Paula Moser (Dresden KV), Eingereicht)
- A9NEU3-072 (Charlotte Steinmetz, Eingereicht)
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Maria R. Feckl: