Beschluss für den ganzen Absatz auf der Grundlage der Arbeitsgruppe.
Antrag: | Unsere grüne Friedens- und Außenpolitik |
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Antragsteller*in: | BAG Frieden (dort beschlossen am: 14.09.2019) |
Status: | Modifiziert übernommen |
Eingereicht: | 15.09.2019, 09:28 |
Antrag: | Unsere grüne Friedens- und Außenpolitik |
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Antragsteller*in: | BAG Frieden (dort beschlossen am: 14.09.2019) |
Status: | Modifiziert übernommen |
Eingereicht: | 15.09.2019, 09:28 |
Das Gewaltverbot des Art. 2 (4) der VN-Charta ist eine große Errungenschaft. Militärische "Lösungen" für Konflikte gibt es nicht. Kampfeinsätze sind für uns höchstens letztes Mittel, und immer Ausdruck eines Scheiterns.
Der Einsatz von Militär ist nur zum Selbst- und Bündnisschutz, auf dem Territorium eines um militärischen Beistand bittenden Staates, sowie im Rahmen völkerrechtskonformer Missionen mit Mandat der Vereinten Nationen, nämlich zur Wahrung des Weltfriedens, im Falle eines Genozids oder bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zu rechtfertigen.[Leerzeichen]
Militär kann allenfalls als ein Instrument zur Verhinderung solcher Verbrechen beitragen und Bedingungen für Verhandlungslösungen schaffen. Für jeden militärischenWir werden Einsätzen der Bundeswehr nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen zustimmen. Jeder militärische Einsatz zahlen wir aberhat zugleich einen hohen Preis. Es darf keinen militärischen Einsatz ohne einen Plan für die Konfliktnachsorge und ohne Ausstiegs- und Abzugsstrategie geben. Militärische "Lösungen" für Konflikte gibt es nicht. Kampfeinsätze sind für uns höchstens letztes Mittel, und immer Ausdruck eines Scheiterns.
Unsere grüne Friedens- und Außenpolitik
Die internationalen Beziehungen durchlaufen dramatische Veränderungen. Dabei
nehmen auch Spannungen und Widersprüche zu, auf die grüne Friedens- und
Außenpolitik Antworten finden muss. Zwar wächst der globale Wohlstand, der damit
einhergehende Verbrauch von Ressourcen und Umweltverschmutzung bedrohen aber
unsere Lebensgrundlage. Der zunehmende Reichtum ist außerdem extrem ungleich
verteilt. Was für einige Überfluss verspricht, bedeutet für viele Armut,
Ausbeutung und Leidensdruck. Noch nie waren die Kommunikationsmöglichkeiten
zwischen Ländern und Kulturen so vielfältig. Doch der Kontakt mit "anderen" wird
nicht leichter. In Filterblasen sprechen wir immer öfter und verständnisloser
über- statt miteinander.
All dies erhöht das Eskalationsrisiko lokaler und globaler Konflikte. Umwelt-,
Wirtschafts-, und soziale Krisen, aber auch militärische Auseinandersetzungen,
Krieg und Flucht sind zu weltpolitischen Alltagserscheinungen geworden. Oft
hängen sie miteinander zusammen und verschärfen sich gegenseitig. Die zunehmende
Polarisierung von Diskursen und Politik verhindert, dass Probleme bei ihren
Ursachen angegangen werden. Die Propagierung kurzfristiger militärischer
Lösungsansätze macht sie oft sogar noch schlimmer. Extrembeispiele dafür sind
Kriege „gegen Terror“ oder „gegen Drogen“, oder die unkritische Aufrüstung
vermeintlicher Verbündeter in Krisenregionen durch Waffenexporte.
Gerade herrscht auf der politischen Weltbühne zudem das Prinzip der Sicherheit
durch Einschüchterung und Dominanz. Diesen Sicherheitsbegriff müssen wir
umkehren. Sicherheit ist für uns die Gewährung der universellen Menschenrechte
und umfasst auch die Beteiligung am politischen und öffentlichen Leben,
Bildungs- und Chancengleichheit, gesundheitliche Aspekte, reproduktive und
sexuelle Rechte, Ernährungssouveränität und die Freiheit von Not und Furcht.
Kern unserer außenpolitischen Bemühungen muss es sein, systematisch auf globale
Entspannung und Überwindung von Gegensätzen hinzuarbeiten. Dadurch gewinnen wir
gegenseitiges Vertrauen zur dringend gebotenen gemeinschaftlichen Lösung
globaler Schicksalsfragen. International müssen Deutschland und die EU dazu
trotz Gegenwind noch intensiver auf eine Verrechtlichung und
Institutionalisierung unseres globalen Miteinanders hinwirken. Dies bedeutet,
das Völkerrecht und multinationale Institutionen zu verteidigen und zu stärken.
Gleiches gilt für das internationales Strafrecht und den Internationalen
Strafgerichtshof. Wir stehen ein für die Stärke des Rechts statt dem Recht des
Stärkeren. Das geht nur effektiv, wenn wir selbst uns konsequent an
internationale Abkommen und Normen halten.
Grüne Friedens- und Außenpolitik ist im besten Sinne radikal. Sie will die
Probleme bei den Ursachen packen und denkt grundsätzlich präventiv. Kein Genozid
fällt einfach so vom Himmel, keine Krise kommt ohne Vorboten. Und kein Krieg ist
unausweichlich. Grüne Friedens- und Außenpolitik ist deshalb auch kreativ. Sie
versucht alternativlose Entscheidungen zu vermeiden, bei denen Politik zwischen
zwei Übeln wählen muss. Mit Dialog, Empathie und Vorstellungskraft wagen wir wo
immer möglich gewaltfreie Ansätze zur Bearbeitung von Konflikten.
Das Gewaltverbot des Art. 2 (4) der VN-Charta ist eine große Errungenschaft. Militärische "Lösungen" für Konflikte gibt es nicht. Kampfeinsätze sind für uns höchstens letztes Mittel, und immer Ausdruck eines Scheiterns.
Der
Einsatz von Militär ist nur zum Selbst- und Bündnisschutz, auf dem Territorium eines um militärischen Beistand bittenden Staates, sowie im Rahmen
völkerrechtskonformer Missionen mit Mandat der Vereinten Nationen, nämlich zur Wahrung des Weltfriedens, im Falle
eines Genozids oder bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zu rechtfertigen.
Militär kann allenfalls als ein Instrument zur Verhinderung solcher Verbrechen beitragen und Bedingungen für
Verhandlungslösungen schaffen. Für jeden militärischenWir werden Einsätzen der Bundeswehr nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen zustimmen. Jeder militärische Einsatz zahlen wir aberhat
zugleich einen hohen Preis. Es darf keinen militärischen Einsatz ohne einen Plan für
die Konfliktnachsorge und ohne Ausstiegs- und Abzugsstrategie geben. .
Militärische "Lösungen" für Konflikte gibt es nicht. Kampfeinsätze sind für uns
höchstens letztes Mittel, und immer Ausdruck eines Scheiterns
Zudem braucht es gegenseitiges Verständnis: Internationale undInterkulturelle
Sensibilität und Solidarität müssen auf allen Ebenen gefördert werden. Dazu
gehören möglichst allen Menschen zugängliche Möglichkeiten des Austausches.
Mobilität, Bildung und Kultur sind hierbei wichtige Säulen. Bezüglich
bestehender, sowie möglicher neuer Konflikte, braucht es zudem deutlich stärkere
Aufklärung und Analysefähigkeiten, sowohl in den außenpolitischen Institutionen
wie auch in unseren Gesellschaften insgesamt. Unsere Außenpolitik muss hierauf
aufbauen und jeweils die Sichtweisen aller Beteiligten miteinbeziehen, anstatt
populistisch und konfliktverschärfend primär irgendeine „Heimkurve“ zu
adressieren.
Feministische Außenpolitik
Die Hälfte der Macht den Frauen* - das muss auch in der Außen- und
Sicherheitspolitik gelten!Frauen* bestimmen bisher nur selten mit, wenn es um
die großen außenpolitischen Herausforderungen und Konflikte geht. Dabei sind
sie* besonders drastisch von Kriegen, Krisen und Umweltzerstörung betroffen.
Frauen* sollen jedoch nicht als Opfer stigmatisiert werden, sondern als
Akteur*innen für Frieden und Sicherheit auftreten. Ein gerechtes und friedliches
Zusammenleben ist nur durch konsequente Teilhabe und Einbeziehung der
Perspektive von Frauen* und marginalisierten Gruppen möglich.
Wir verfolgen einen intersektionalen Ansatz. Das heißt, dass wir besonders
aufmerksam sind für Überschneidung von verschiedenen Diskriminierungsformen.
Systematische Benachteiligung von Teilen der Bevölkerung beim Zugang zu Macht
und Ressourcen birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial. Darum treten wir ein für
eine Welt, in der alle ohne Gewalt und Unterdrückung leben können.
Krisen und Kriege treffen Frauen* und andere verletzliche Gruppen in besonderer
Heftigkeit und ihre Perspektive bleibt dennoch unberücksichtigt. Sexualisierte
und genderbasierte Gewalt wird vermehrt in und nach Konflikten ausgeübt, teils
bewusst als Kriegswaffe eingesetzt. Konfliktanalysen müssen in allen Phasen des
Konfliktzyklus auch die Genderperspektive einbeziehen. Das gilt von der
Erarbeitung von Frühwarnmechanismen bis hin zu Nothilfe und Wiederaufbau. Solche
feministischen Analysen bilden die Grundlage für politische Entscheidungen.
Die Erfahrungen von Frauen* müssen in die Verhandlungsrunden einfließen.
Aufgrund ihrer Sozialisierung und spezifischen Betroffenheit haben Frauen* oft
einen Blick für tieferliegende, strukturelle Ursachen von Konflikten und können
daher zu besseren Lösungen beitragen. Ihre Einbindung in Prozesse der
Friedensförderung und Konfliktprävention darf sich nicht auf bloße Anwesenheit
beschränken, sondern muss auch Entscheidungsmacht umfassen, im zivilen und im
militärischen Bereich.
Unsere feministische Außenpolitik sorgt für grundlegende gesellschaftliche
Veränderung: Wir wollen mit Diversität gegen homogene Machtzirkel und
diskriminierende Netzwerke kämpfen.Wenn es lokale, möglichst unabhängige
Frauen*organisationen gibt, sollen sie Zugang zu Verhandlungen und
Öffentlichkeit erhalten.Wo noch keine solchen Organisationen bestehen, soll der
Aufbau unterstützt werden. Gerade in Post-Konflikt-Situationen und
Staatenbildungsprozessen sollte die Chance genutzt werden, die Entwicklung von
Frauen*rechten und -partizipation zu unterstützen.
Auch Männer und Jungen profitieren von Gleichstellung und müssen dazu beitragen,
Frauenrechte und Teilhabe voranzutreiben. Um dem Problem von „militarisierter
Maskulinität“ zu begegnen, müssen wir patriarchalische und aggressive
Männlichkeitsbilder in Frage stellen. Dies wird auch Männern und Jungen
zugutekommen, die selbst an stereotypisierten Erwartungen an sie leiden, oder
ebenfalls negativ von den Auswirkungen männlich dominierter Politik betroffen
sind.
So umgesetzt ist eine feministische Außenpolitik ein Gewinn für alle Seiten. Mit
ihr bauen wir verschiedene Formen der Benachteiligung ab und fördern so
Stabilität und Frieden.
Abrüstung, Rüstungskontrolleund kooperativeSicherheit
Friedenspolitik heißt Konflikte annehmen und gewaltfrei bearbeiten.Grundlage
einer gewaltfreien Konfliktbearbeitung ist zum einen, die gegenseitigen
Positionen, Interessen und Bedürfnisse zu achten. Dies erfordert andererseits,
auf Waffengewalt und Drohungen zu verzichten. Die Bereitschaft zur
wechselseitigen Entwaffnung und Aufgabe gegenseitiger Drohungen ist also Dreh-
und Angelpunkt für gewaltfreie Konfliktbearbeitung.
Abrüstung, Rüstungskontrolle und Strukturen kooperativer Sicherheit zielen
darauf ab, gewaltfreie Konfliktbearbeitung zu verstetigen.Durch Verhandeln,
Vereinbaren und Überwachen von Regeln und Grenzen für Bewaffnung, wird das
Gewaltpotential von Konflikten geschrumpft. Darüber hinaus bildet sich ein
institutioneller Rahmen für Vertrauensbildung und gewaltfreie
Konfliktbearbeitung. Dahinter steckt die Überzeugung, dass die Wahrung von
Frieden mit einem kooperativen Sicherheitsverständnis besser gelingt als mit
egoistischen und kompetitiven Konzepten von Sicherheit. Dieser Gedanke hat nach
dem Ende des Kalten Krieges die sicherheitspolitische Zusammenarbeit beflügelt
und zahlreiche Übereinkommen für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Institutionen
kooperativer Sicherheit ermöglicht.
Die abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischen Errungenschaften wurden jedoch
nicht konsequent gepflegt und ausgebaut.Stattdessen setzte sich immer wieder der
Geist kompetitiver Sicherheit durch. Den begrenzenden Einigungen über Abrüstung
und Rüstungskontrolle in bestimmten Bereichen wurde durch gezielte Aufrüstung
und Neuentwicklungen von Waffensystemen in anderen Bereichen ausgewichen.
Bündnisstrukturen wurden nicht durch Strukturen kooperativer Sicherheit ersetzt,
sondern ausgedehnt und für neue Aufgaben verstärkt. Hinzu kommt die Aufrüstung
neuer Regional- und Weltmächte.
Inzwischen zersetzt die weltweite Rüstungsspirale samt ihrer kompetitiven
Sicherheitslogik auch die bereits geschaffene Abrüstungs- und
Rüstungskontrollarchitektur insgesamt. Europa ist von diesem Vertrags- und
Regelzerfall besonders betroffen. Um Abrüstung, Rüstungskontrolle und
kooperative Sicherheit wieder voranzubringen, müssen wir uns von
Sicherheitsegoismen und Blockdenken lösen, die ganze Bandbreite von
Waffensystemen in den Blick nehmen und Verträge sowie Institutionen neu
aufstellen.
Vor der eigenen Haustüre zu kehren ist der erste Schritt.Rüstungsexportein
Krisengebiete und an Staaten, die systematisch Menschenrechte verletzen, müssen
gesetzlich verboten sein. Nicht wirtschaftliche Erwägungen oder die eigene
Rüstungsindustrie, sondern friedenspolitische Zielsetzungen müssen entscheidend
sein. Auch auf europäischer Ebene müssen dem weltweiten Waffenhandel enge
Grenzen gesetzt und die ausufernde Verbreitung europäischer Waffen in die ganze
Welt beendet werden. Dies sowohl im Interesse der eigenen Sicherheit als auch,
um der weltweiten Bewaffnung insbesondere von autoritären Staaten und in
Kriegsgebieten entgegen zu wirken.
Deutschland muss außerdem konsequentauf Nuklear- und andere
Massenvernichtungswaffenverzichten. Die hier stationierten Nuklearwaffen müssen
abgezogen und der Ausstieg aus der Nuklearenergie im zivilen wie im
militärischen Bereich vollendet werden. Wir wollen eine Verankerung von
Nuklearenergie- und Nuklearwaffenfreiheit im Grundgesetz diskutieren.
International muss sich Deutschland für Verbot und die Ächtung aller
Massenvernichtungswaffen einsetzen und alle Verträge, die dieses Ziel verfolgen,
unterstützen. Dazu zählen heute auch der Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag und
der Nuklearwaffenverbotsvertrag.
Wir treten für ein generelles Verbot von Waffensystemen ein, die grausam und
unterschiedslos töten und nicht mit dem humanitären oder
Kriegsvölkerrechtvereinbar sind. Neben den Massenvernichtungswaffen zählen
hierzu Antipersonenminen und Streumunition. Die Entwicklung neuer Systeme, die
gegen diese Grundregeln verstoßen, lehnen wir ab und treten für deren weltweites
Verbot ein. Auch bewaffnete Drohen und Waffensysteme, die ohne effektive
menschliche Kontrolle Entscheidungen über Leben und Tod treffen können,lehnen
wir für die Bundeswehr ab und setzen uns für deren Ächtung und Verbot ein. Die
weitere Militarisierung des Weltraums nehmen wir nicht hin. Für all diese
Kategorien braucht es klare internationale Regeln bzw. Verbote, und Regime zur
Sicherstellung ihrer Einhaltung.
Die zunehmende Ausweitung der militärischen Nutzung neuer Technologien betrifft
auch besonders den digitalen Raum. Hier treten wir für klare Grenzen und einen
Verzicht auf die offensive militärische Nutzung ein und sehen die Verantwortung
für den Schutz der IT-Infrastrukturim Innen- und nicht im Verteidigungsressort.
Sie darf außerdem nicht gegen Bürger*innen- und Menschenrechte ausgespielt
werden, insbesondere nicht im Datenschutz.
Als Motor künftiger Abrüstungs- und Rüstungskontrollinitiativen soll das
humanitäre Völkerrechtdienen, da es im Gegensatz zu den meisten anderen
internationalen Verträgen nicht die Interessen der Staaten, sondern den Menschen
in den Mittelpunkt stellt. Mit dieser Perspektive können wir auch künftigen
militärtechnologische Entwicklungen Grenzen setzen unddie gewaltfreien
Konfliktbearbeitung fördern. Darum wollen wir das humanitäre Völkerrecht stärken
und weiterentwickeln.
Um Abrüstung, Rüstungskontrolle und kooperative Sicherheit wieder
voranzubringen, müssen wir uns von Sicherheitsegoismen und Blockdenken lösen.
Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitikund Strukturen der
kooperativen Sicherheitauf- und ausbauen, die perspektivisch kompetitiv
ausgerichtete Sicherheitsallianzen ersetzen können. Hierzu müssen auch
Deutschland und die EU sich loslösen von einer kurzsichtigen, weil egoistischen
Sicherheitspolitik und den Prinzipien der Abschreckung und Abschottung.
Multilateralismus und seine wichtigsten Institutionen: EU und VN
Wir müssen anerkennen, dass es viele Akteur*innen in unserer globalen Realität
gibt, die ihr Handeln auf eine „Logik der Unsicherheit“ stützen. Damit müssen
wir vor allem kurzfristig auch pragmatisch umgehen. Wo immer möglich verfolgen
wir aber einen anderen Ansatz. Dazu gehören die zivile Krisenprävention und der
verstärkte Einsatz diplomatischer Mittel. Anstatt uns in die Ecke drängen zu
lassen, wollen wir Verbündete suchen, die dem eine solidarische und offene
Perspektive auf die Welt entgegensetzen."Wir" muss dabei wegen ihrer Kombination
aus Gewicht und prinzipieller Einigungsfähigkeit wo möglich mindestens die EU
bedeuten, aber als Begriff immer werteorientiert erweiterbar bleiben.
Eurozentrismus, d.h. den primären oder ausschließlichen Bezug globaler
Fragestellungen auf uns, oder den Glauben, Europa wüsste oder könne alles
besser, lehnen wir ab. Diese Denkweise verhindert es oft, konstruktiv mit
anderen zusammenzuarbeiten. Es ist im Gegenteil besonders wichtig, die Sicht
anderer auf Europa und Deutschland anzuerkennen und zu berücksichtigen. Dies
gilt insbesondere für Zusammenhänge, in denen letztere besondere historische
Verantwortung tragen, wie z.B. im Zusammenhang des Kolonialismus, der Shoah,
oder anderen massiven Verbrechen. Deren Aufarbeitung darf nicht enden und muss
immer die Perspektiven der Opfer mit einbeziehen.
Die weitere Einigung und Entwicklung Europas im Sinne einer friedlichen EU darf
nicht in pauschaler Abgrenzung zu oder gar Dämonisierung von anderen Staaten
erfolgen, sondern muss mit Dialog und friedlichem Ausgleich und den Interessen
aller im Blick einhergehen. So kann sie mehr noch als ein Einigungsprozess nach
innen, auch ein Friedens- und Entwicklungsprozess nach außen sein. Dieses
Potenzial wird heute noch zu wenig genutzt. Im Gegenteil: Europas Verschleppung
u.a. einer echten, mindestens EU-weit koordinierten Energiewende gefährdet das
Weltklima, während viele europäische Konsum- und Handelsmuster vor allem
Menschen andernorts die Existenzgrundlagen entziehen. Zudem treiben europäische
Waffenexporte Aufrüstungsspiralen und entsprechende Unsicherheitslogiken an,
während europäische Migrationspolitik einseitig auf Abschottung setzt und hat so
den Tod vieler Menschen zu verantworten.
Europa kann einen Unterschied machen, wenn es um Menschenrechte, Frieden,
Sicherheit und Freiheit geht, auch über seine Grenzen hinweg! Wir wollen uns
darum für ein Gemeinsames Haus Europa einsetzen. Dafür braucht es eine starke
EU, aber auch viel Engagement für Institutionen wie die OSZE und die
Zusammenarbeit im Europarat. Unsere Vision eines außenpolitisch starken Europas
ist eine zivile, eine inklusive, eine solidarische Stärke, die aus einer
menschenrechtsorientieren Politik friedensstiftend wirkt. Den aktuellen Fokus in
der EU auf eine Union der Verteidigung lehnen wir ab. Er beschränkt Europas
Friedenspotenziale und führt zu weiterer Aufrüstung.
Seit vielen Jahren wird gefordert, dass Europa, bzw. die EU, „weltpolitikfähig“,
d.h. geeint handlungsfähig, werden solle. Jedoch: Europas außen- und
sicherheitspolitische Einigung, so wie wir sie uns vorstellen, kann sich nur in
der Zuwendung zum Multilateralen Dialogvollziehen. Multilateralismus bedeutet,
dass zentrale Akteure ihre Politik im gegenseitigen Respekt miteinander
absprechen und gemeinsam handeln. Nur dann können wir auch den Grundstein setzen
für einen globalen Ordnungsrahmen, der zur neuen, multipolaren Ära passt und der
Ausgleich dienlich ist.
Die Vereinten Nationen (VN) haben sich in den ereignisreichen und wechselhaften
Jahrzehnten ihrer Existenz als Institution mit zahlreichen Unterorganisationen
stark erweitert, um globalen Herausforderungen besser begegnen zu können.
Zentrale Probleme der politischen Steuerung und Entscheidungsfindung in ihren
Gremien wurden jedoch nach einer kurzen, durch das Ende des Kalten Krieges
bedingten Hoffnungsphase wieder offensichtlicher. Hinweise auf Missstände sollen
von uns aber keine Pauschalkritik sein, wie sie oft gerade von denen kommt, die
effektiven Multilateralismus ausbremsen - Gerade weil wir an die VN als die
primäre Akteurin und Verhandlungsort für globale Fragen stärken wollen,
kritisieren wir ihren aktuellen Zustand.
Vor allem der VN-Sicherheitsrat als zentrales und nach wie vor das zentrale
Gremium, das friedenserhaltende Maßnahmen beschließen kann, wird seinen
Anforderungen nicht gerecht. Seine Zusammensetzung ist nicht repräsentativ:
Viele Länder mit sehr großen Bevölkerungen (z.B. Indien) sitzen hier nicht
dauerhaft mit am Tisch. Und das einsame Vetorecht seiner fünf ständigen
Mitglieder kann zu leicht für Sonderinteressen missbraucht werden, selbst wenn
diese im Extremfall viele Menschen zu Leid, Elend, Unterdrückung und Tod
verdammen. MultilateraleStrukturen wie der VN-Sicherheitsrat müssen dahingehend
reformiert werden, dass sie sowohl repräsentativer als auch weniger
blockadeanfällig werden.
Zudem mangelt es an ausreichender Ausstattung zahlreicher VN-Organisationen, um
ihre wachsenden Aufgaben angemessen zu erfüllen. Dies gilt für die finanzielle
und auch die personelle Ausstattung. Vor allem wenn Gefahr im Einsatz droht, wie
im Falle von Polizeiausbilder*innen oder Soldat*innen, zieren sich gerade die
reicheren Staaten, darunter Deutschland, ihren Fähigkeiten gemäß mit anzupacken.
Ehrlicher und effektiver Multilateralismus bedeutet für uns nicht „nur“, in für
den Weltfrieden kritischen Situationen die Einhaltung internationaler
rechtlicher Normen zu fordern, sondern auch, sich an entsprechend beschlossenen
Maßnahmen nach Kräften zu beteiligen.
Unser Respekt und unsere Wertschätzung gelten all jenen, die die in der VN-
Charta verankerten Werte und Menschenrechte mit Leben füllen und in der Welt
vertreten. Dazu gehören international wie national insbesondere auch
Diplomat*innen, Aktive der Entwicklungszusammenarbeit, zivile
Krisenhelfer*innen, sowie die Angehörigen von Streitkräften. Sie alle wollen wir
anhören und nehmen sie in unseren außen- und friedenspolitischen
Positionierungen ernst.
Beschluss für den ganzen Absatz auf der Grundlage der Arbeitsgruppe.
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